Bericht zur Frühjahrswanderung der Amphibien an den Lobersweihern 2016

 

 1. Zusammenfassung

 Erstmals wurde durch den Aufbau eines mobilen Amphibienschutzzaunes mit vier Fangkästen und einigen Helfern die fast lückenlose Erfassung der Laichwanderung über die Verbindungsstraße Steudach-Neuses an den Lobersweihern ermöglicht. Zudem können nun die Populationsgrößen der Molche und Erdkröten realistisch geschätzt werden. Weitere wertvolle Erkenntnisse: Wir wissen nun, dass Knoblauchkröten auch vereinzelt westlich der Straße vorkommen.

 

Die 152 kartierten Kammmolche und 15 Laubfrösche stehen in der FFH-Richtlinie Anhang IV. Das bedeutet, sie unterliegen besonders strengen europäischen Schutzvorgaben. Zusammen mit den fast 3000 gezählten Tieren liefert dies gute Fakten, den Amphibien- und Tierschutz zu verbessern.

 

Diese aufwendige Kartierung soll als Vorbereitung und Datengrundlage für eine zukünftig zu errichtende, beidseitige Amphibienleiteinrichtung mit Tunneldurchgängen und Gitterrosten dienen. Nur eine solche Anlage kann die erheblichen Verluste an Amphibien auf der Straße wirklich effektiv reduzieren. So verlaufen die Rückwanderungen vieler Amphibien und die Wanderung frisch umgewandelter Jungtiere von Frühling bis Herbst völlig ungeschützt gegenüber dem Straßenverkehr.

 

2. Abkürzungen

BM = Bergmolch              EK    = Erdkröte                                         FÖJ = Freiwilliges Ökologisches Jahr

KM = Kammmolch          KNK = Knoblauchkröte                            LF    = Laubfrosch

TM = Teichmolch             WF   = Wasserfrosch/Grünfrösche

 

3. Mobile Amphibienschutzanlage

3.1. Details zur Zaunkonstruktion

  • Zaunlänge: ca. 270 m (siehe Lageplan)
  • Zauntyp: glatte, undurchsichtige Folie mit Übersteigschutz (Knick), Hersteller: Fa. Maibach
  • Folie: auf dem Boden aufliegend
  • Südliches Zaunende: Fangkasten Nr. 1 (nur 1 Eingang), eingebaut in U-förmige Zaun-kehre, Gesamtlänge ca. 4 m (Foto 1 rechts)
  • Nördliches Zaunende: Fangkasten Nr. 4 (nur 1 Eingang) mit schräger ca. 3 m langer „Vorbei­leitung“ (Foto 2)
  • 2 weitere Fangkästen (Nr. 2 und 3) mit je 2 gegenüberliegenden Eingängen
  • Zauneinbuchtung auf geteerter Einfahrt am Waldrand mit Spezialkonstruktion durch die Untere Na­turschutzbehörde

Lage der Fangkästen:

Fangkasten Nr. 1:    137,5 m südlich vom Waldrand

Fangkasten Nr. 2:    54,5 m südlich vom Waldrand

Fangkasten Nr. 3:    34,0 m nördlich vom Waldrand

Fangkasten Nr. 4:   130,0 m nördlich vom Waldrand

 

3.2. Details zur Fangkastenkonstruktion

Zusammenbau durch die Untere Naturschutzbehörde, nach unseren Vorgaben erstellt; Anregungen aus: E. Frey & J. Niederstraßer (2000): Baumaterialien für den Amphibienschutz an Straßen. Ergebnisse der Eignungsprüfung an einer Anlage. Landesanstalt für Umweltschutz - Fachdienst Naturschutz, Artenschutz 3, Karlsruhe, 159 S

  • Material: OSB-Platten
  • Kastenmaß ca. 1 m lang, 0,5 m breit, 0,43 m hoch
  • Abdeckplatte: abschraubbar, überstehend, nicht auf Zaunseite
  • Eingänge: 1 oder 2 (dann gegenüberliegend), 25 cm breit, 10 cm hoch, mit waagrechten nach unten kippbaren Klappen auf halber Kastenhöhe, Tiere fallen ca. 20 cm tief in den Kasten, bündig am Zaun auf Bodenhöhe (Foto 3).

3.3. Zaunumgebung

  • 0,5-1 m vom Zaun (auf dem Bankett) verlief ein Entwässerungsgraben
  • eine kleine Abflussröhre zu Weiher 4
  • Abzweigungen an 2 Stellen (Forst- bzw. Landwirtschaftswege)

 

4. Nächtliche Straßensperrung

Die Verbindungsstraße Steudach-Neuses wird jedes Jahr zur Frühjahrswanderung in der Nacht ge­sperrt. Die Erfahrungen der vorangehenden Sperrungen waren

  • die Beschilderung bei Neuses wird übersehen bzw. ignoriert
  • bei offenen Halbschranken fahren einige Pkw-Fahrer durch
  • selbst bei geschlossener Halbschranke fahren noch Pkw und Radfahrer durch
  • die Öffentlichkeit sollte über Beginn und Ende der Sperrung in den Medien informiert werden (Akzeptanz!)

Diesmal wurden zum ersten Mal je 2 Halbschranken errichtet (Foto 5). Wie erwartet fuhren nur dann keine Autos durch, wenn alle 4 Schranken geschlossen waren. Einige Radfahrer ignorierten auch das.

 

4.1. Uhrzeit der Sperrung

Am 2.02. bat ich um die Sperrung mit den Uhrzeiten 18.00-7.00 Uhr. Dies wurde am 3.02. von der Unteren Naturschutzbehörde an die zuständige Stelle weitergeleitet. Als Sperrzeitraum wurde der 9.02. bis 8.04.2016 genannt. Die Beschilderung war fehlerhaft: am 1.03. mailte ich, dass bei Neuses 19-7 Uhr als Sperrzeit angegeben war! Am 10.03. erfuhr ich zufällig von der Redaktion der Erlangen Nachrichten, in der städtischen Sperrungsmeldung stehe als Sperrzeit 19-6 Uhr! Diese Ein-schränkung der Sperrzeit um 2 Stunden war hinsichtlich des Amphibienschutzes schädlich. Die Tiere wandern nun mal ab der späten Dämmerung! Dies bedeutet: im Februar und teilweise im März war die Straße bei Dunkelheit zwei Stunden länger offen! Am 24.02. fuhren ab 18 Uhr in 15 min 10 Pkw durch! Dies führte zu Verwirrung und Ärger bei den Helfern, weil die erhebliche Verkürzung der täglichen Sperrzeit nicht mitgeteilt wurde.

 

4.2. Schrankenaufbau

Der Aufbau der zwei alten und der zwei neuen Halbschranken war für den 19.02. zugesagt. Ich hatte am 16., 18. und 19.02. informiert bzw. gemahnt, dass aufgrund der Wettervorhersage ab ca. 21.02. mit starker Wanderaktivität zu rechnen sei. Der Aufbau der Schranken verzögerte sich leider auf den 22.02. (Montag). Der Landwirt, der mit der Schrankenschließung beauftragt ist, konnte an diesem Tag von der Behörde nicht mehr informiert werden. Die Folge: in zwei wanderstarken Nächten (21./22.02. und 22.02./23.02.) fuhren einige Autos durch und überfuhren einige Tiere. Ehrenamtliche Helfer mussten ständig Tiere von der Straße retten.

 

4.3. Manuelle Schrankenschließung

Die Stadt Erlangen beauftragt den besagten Landwirt mit dem Einschwenken der Halbschranken nur, wenn der Wetterbericht mindestens eine mäßige Wanderaktivität erwarten lässt. Vor Ort hat der Wetterbericht aber mehrfach danebengelegen!

 

Beispiele: 15.03.: Vorhersage für 19 Uhr: 1 °C, real: 4 °C und feucht, bedeckt.

Am 2. und 3.03. waren die Nächte wärmer als vorhergesagt.

 

Zudem kam es zu Wetterumschwüngen mitten in der Nacht (z.B. anfangs kalt, zweite Nachthälfte mild!). Dazu kommt, dass der Landwirt mehrfach entgegen der Anweisung der Stadt handelte. Nur teilweise Schrankenschließung am

 

05.03. starke Wanderaktivität!

06.03. mäßige Wanderaktivität

24.03. gute Wanderaktivität

29.03. gute Wanderaktivität

30.03. starke Wanderaktivität

02.04.: ab 0:00 Uhr alle Schranken offen! Gute Wanderaktivität)

 

5. Einweisung der Helfer

Am 13.02.2016 fand eine Begehung mit Einweisung der Helfer statt. Ich erläuterte den Sinn der Aktion: „Eine möglichst vollständige Erfassung der Laichwanderung wird als Entscheidungs­grundlage für verbesserten Amphibienschutz dienen, wie z.B. den Bau einer beidseitigen dauerhaften Leiteinrichtung mit Amphibientunneln.“

 

Inhalt der Einweisung waren folgende Punkte

  • Lage der Laichgewässer
  • Anwanderung von Westen, Rückwanderung von Osten
  • Besichtigung der Zaunanlage samt Fangkästen
  • Kontrolle der Kästen, von Zaun und Straße in der Nacht und am Morgen
  • Nächtliche Straßensperrung mit Halbschranken
  • Ab 2°C oder kälter keine Kartierung
  • Hinweis auf hygienische Vorsorgemaßnahmen wegen sich ausbreitender Pilzerkrankungen der Amphibien
  • Erläuterung zum Ausfüllen der Kartierzettel (siehe rechts)
  • Zettel mit Verhaltensregeln verteilt (siehe rechts)
  • Bestimmungsliteratur verteilt und Erkennungsmerkmale erklärt
  • Hinweise zur Ausrüstung

Während der Kartierung verteilte ich per E-Mail Infos an die Beteiligten. Rückfragen und Probleme wurden beantwortet bzw. geklärt und wichtige Hinweise gegeben.

 

6. Verlauf der Frühjahrswanderung

6.1. Zeitlicher Verlauf

 

Datum

Wanderaktivität

Vorkommnisse

2.02.2016

 

Mail an Naturschutzbehörde die Straßensperr­ung einzuleiten (Sperrzeiten: 18-7 Uhr)

7.-20.02.2016

Anfänglich Funde einzelner Tiere vor Ort trotz teilweise guter Wanderbedingungen

 

8.-12.02.2016

 

Aufbau Amphibienschutzzaun bis auf eine Lücke am Waldrand

13.02.2016

 

Begehung und Einweisung der Helfer

19.02.2016

 

Zaunlücke geschlossen, Sperrung aus­geschildert

22.02.2016

 

Verspätete Installierung der 4 Halbschranken

23.02.2016

 

Verspäteter Beginn der Anweisung zur Schrankenschließung

21.-23.02.2016 (morgens)

Stark

Ohne Schutz vor einigen illegalen Pkw-Durchfahrten

23.02.(nachts)-3.03.2016

Funde einzelner Tiere vor Ort

 

4.03.2016

Mäßig

 

5.-6.03.2016 (morgens)

Stark

 

7.-21.03.2016

Funde einzelner Tiere vor Ort

 

21.-23.03.2016

Mäßig

 

23.-31.03.2016 (nachts)

Stark

 

1.-2.04.2016 (morgens)

Mäßig

 

2.04.2016 (nachts)

Stark

 

7.04.2016

 

Zaunlücke am Waldrand geschaffen wegen Rückwanderung

11.04.2016

 

Ende der Kartierung, Zaunabbau

 

 

Die Amphibienwanderung wurde durch viele Kaltlufteinbrüche unterbrochen oder weitgehend unterbunden. Daher wurde die Kartierung dann ausgesetzt oder ergab nur wenige Tierfunde.

Mäßige Wanderaktivitäten konnten bei Temperaturen von 4,5-6 °C meist nach Regen und einmal bei 12 °C und trockenem Wetter verzeichnet werden.

Deutliche bis starke Wanderaktivitäten wurden bei Temperaturen von 5-12 °C bei oder nach Regen festgestellt. Ausnahme: 2.04. nachts bei 12 °C, kein Regen.

Ab dem 3.-11.04.2016 liefen weniger Tiere als aufgrund der Witterung zu erwarten war. Nachdem am 5.04. bei einer Nachttemperatur von 13,5 °C und Regen – also eigentlich idealen Wanderbedin­gungen – die Wanderaktivität eher mäßig ausfiel, wurde von mir entschieden, am 11.04. morgens das letzte Mal zu kartieren (Grafik siehe rechte Spalte).

 

6.2. Besondere Beobachtungen

Ein Landwirt schuf auf dem Acker direkt neben der Amphibienschutzanlage eine zweite ca. 30 cm hohe senkrechte Wanderbarriere durch Umpflügen eines Teiles vom Randstreifengrün der Straße. Um eine massive Verfälschung der Kartierung zu vermeiden, riss ich am 13.02. alle 10 m diese neue Steilkante ein.

Nach einem nächtlichen Sturm mit 10 °C Temperatur ohne Regen wurden neun, vermutlich tote Teichmolche am Morgen in Fangkästen gefunden. Nach meiner Einschätzung gab es einen generell relativ hohen Anteil geschwächter, abgemagerter Molche. Allerdings gab es morgens öfters tiefe Temperaturen von wenig über 0 °C und da bewegen sich die Tiere nicht oder kaum mehr. Das kann bei unerfahrenen Helfern den irrtümlichen Eindruck von toten oder kranken Tieren hervorrufen.

Die Fangkästen wurden deshalb nach dem 22.02. vorsichtshalber mit Moos sowie Untersetzern mit Wasser ausgestattet. Das regelmäßige Nachfüllen von Wasser und die Anfeuchtung des Mooses ver­hinderten nun zuverlässig das mögliche Austrocknen oder Verdursten gefangener Tiere.

Am 5.04. entdeckte ich einen ungewöhnlichen Bergmolch mit weißem Bauch und vereinzelten klei­nen Flecken. Es könnte sich um eine Pigmentstörung handeln.

Spätestens am 27.03. fand eine massive Verlagerung der Anwanderung Richtung Süden statt. Schaut man sich die geographische Lage des Winterlebensraumes Klosterwald an und bedenkt, dass die Amphibien in der Regel den kürzesten Weg zum Laichgewässer nehmen, dann war meine folgende Einschätzung korrekt, dass die Tiere nun vor allem aus größerer Entfernung anwandern.

In der Nacht vom 5.04. auf 6.04. wanderten dann trotz optimaler Wanderbedingungen erheblich weniger Tiere an. Das bedeutete, die große Mehrheit der Amphibien war angewandert und eine Verlängerung der Kartierung über den 11.04. hinaus stünde in keinem Verhältnis zum Aufwand. Bei den Kammmolchen dürfte die Laichwanderung noch mehrere Wochen länger gedauert haben. Auch die Hauptwanderzeit der Laubfrösche ging bis Anfang Mai. Da sie aber am Schutzzaun eher nur Einzelfunde waren, spielten sie keine Rolle bei meiner Entscheidung, die Kartierung zu beenden.

 

6.3. Barrierewirkung der Zaunanlage

Anfänglich krochen einige Molche unter der Zaunfolie durch (am 22.02.). Die Zaunfolie war nur auf den z.T. unebenen Grasboden aufgelegt und mit „Niederhaltern“ teilweise angedrückt. Die Molche nutzen aber bereits kleinste Lücken von 1 cm und weniger aus, um sich durchzudrücken. Am 20., 24. und 25.02. wurde Erde auf der gesamten Zaunlänge über die Folie geschüttet. Ein Unterkriechen war dann kaum mehr möglich.

Weitere Schwachstellen am Zaun waren Falten (am Waldrand) und stellenweise kein ausreichender Überhang am oberen Folienende. Das ermöglichte trotz Nachbesserungen das Überklettern des Zau­nes durch einige Molche (u.a. drei Kammmolche) und Laubfrösche. Insgesamt war die Barrierewir­kung des Schutzzaunes befriedigend.

 

6.4. Fängigkeit der Fangkästen

6.4.1. Fangkästen mit einem Eingang (Nr. 1 und 4)

Die Fängigkeit war schlecht. Belegt wird das durch die geringen Kastenfunde im Verhältnis zu den nahen Zaunfunden und im Vergleich zu den Zahlen von Kasten Nr. 2 und 3. Der Grund dürfte darin liegen, dass die Tiere kein Licht „am Ende des Tunnels“ sehen. Sie wollen zu den Laichgewässern und sich eben nicht in Höhlen verstecken (Punkt 9.1.).

Ich beobachtete bei Massenwanderungen viele Molche am Kasten Nr.1, die unschlüssig direkt vor dem Eingang standen, sich regelrecht „stauten“. Ein Molch versuchte den Kasten zu erklettern, einige kehrten in der „Umkehrschlaufe“ des Zaunes um. Das Fangergebnis von Kasten Nr. 4 ist noch schlechter u.a., weil die Tiere durch den Zaunverlauf z.T. vorbei gelenkt wurden (Foto 2).

 

6.4.2. Fangkästen mit zwei Eingängen

Die Fängigkeit war gut. Erdkröten, Wasserfrösche und Molche wurden z.T. in größeren Mengen in den Fallen gefunden. Die gegenüberliegenden Eingänge täuschten den Amphibien vor, sie könnten problemlos durch den Fangkasten wandern. Siehe hierzu auch Punkt 6.4.1.

 

7. Straßenfunde

Tiere, die den Schutzzaun überkletterten oder einfach daran vorbeiliefen, konnten teilweise auf der Straße als tot (überfahren) oder lebend mitgezählt werden (gesonderte Kennzeichnung und Eintra­gung in die Kartierzettel). In das Gesamtergebnis wurden die Tiere nur aufgenommen, soweit sie nicht mehr als 150 m entfernt von den Zaunenden gesichtet wurden. Die diversen Erdkröten, die in größerer Entfernung gesichtet wurden (Bereich Forststraße bis Steudach), haben andere Gewässer als die Hellersweiher zum Ziel. Rückwanderer siehe Punkt 8.

 

7.1. Überfahrene Tiere

15 Tiere wurden als überfahren kartiert (8 Berg-, 3 Teich-, 2 Kammmolche, 1 Erdkröte und 1 Laub­frosch). Ein großer Teil wurde am 22.02. bei starker Wanderaktivität überfahren. Da morgens kaum nach toten Tieren gesucht wurde, dürften es deutlich mehr gewesen sein.

 

7.2. Lebende Tiere

58 Tiere konnten lebend auf der Straße kartiert werden (16 Teich-, 8 Berg-, 6 Kammmolche, 23 Erdkröten, 1 Knoblauchkröte, 4 Laubfrösche). 27 Tiere wurden auf Zaunhöhe angetroffen. Es handelte sich meist um Tiere, die den Zaun überkletterten oder anfänglich auch unterkrochen (Molche, Laubfrösche). Weitere 12 Erdkröten, die fast parallel zum Straßenverlauf aus dem Wald anwanderten, kamen automatisch auf der falschen Zaunseite an (oft Pärchen mit Männchen im „Huckepackverfahren“). Ein Überklettern des Zaunes kann dabei ausgeschlossen werden. 19 Tiere wurden unmittelbar bzw. in wenigen Metern Entfernung vom südlichen Zaunende gefunden. Der Zaun war also zu kurz angelegt.

 

8. Rückwanderung in die Sommerlebensräume

Der auf ca. 270 m Länge einseitig errichtete Amphibienschutzzaun behinderte die Rückwanderung der Erdkröten. Ursache: nach dem Ablaichen setzt bei den Erdkröten umgehend die Rückwanderung ein, während die Laichwanderung der anderen Arten noch einige Zeit weitergeht. Der Schutzzaun wirkt sich als Hindernis aus, an dem vorbei gewandert werden muss. Vom 23.-31.03. morgens tauchten nur vereinzelt erste, meist juvenile, Erdkröten auf der „falschen“ Zaunseite bzw. auf der Straße in der falschen Wanderrichtung auf. Am 31.03. und 4.04. nachts wurden 3 bzw. 5 rückwandernde Erdkröten festgestellt. Am 5.04. nachts wurden 23 am Zaun und 8 auf der Straße ermittelt. In der Befürchtung es könnte morgens zu einem „Massaker“ durch herumirrende Tiere nach Ablauf der nächtlichen Sperrung kommen, überprüfte ich das am nächsten Morgen. Ich konnte keine überfahrenen oder lebenden Tiere finden. Alle Rückwanderer wurden gesondert gezählt (52 Tiere), über den Zaun gehoben und natürlich dem Gesamtergebnis nicht hinzuaddiert.

Da die Amphibienkartierung wegen starken Rückganges der Wanderaktivitäten von mir zum 11.04. beendet wurde, habe ich die Zaunöffnung in der Mitte der Zaunanlage (Einfahrt zum Waldrand) zum 8.04. veranlasst, um die Rückwanderung zu erleichtern.

 

9. Ergebnisse und Bewertung

9.1. Allgemeine Hinweise und Gesamtergebnis

Amphibien, die weiter als 150 m von den Enden der Zaunanlage entfernt gesichtet wurden, sind nicht aufgeführt. Diese Tiere wandern zu anderen Biotopen. Dies betrifft vor allem Erdkröten, von denen mehrfach einige Tiere auf der Verbindungsstraße bis nach Steudach gesichtet wurden.

Ca. 10-15 % der Tiere dürften nicht erfasst worden sein: Tiere, die am Zaun vorbeiliefen, ihn über­kletterten oder nach Kartierungsende anwanderten.

Neben den direkt in den Fangkästen aufgefundenen Tieren wurden am Zaun gesichtete Tiere im Kartierungszettel (siehe rechts) dem jeweiligen Fangkasten zugeordnet.

 

Das bedeutet folgende Anwanderungsbereiche (siehe Lageplan):

  • Fangkasten 1     bis ca. 40 m nördlich von Fangkasten 1
  • Fangkasten 2    bis ca. 40 m südlich von Fangkasten 2 und nördlich bis zum Waldrand
  • Fangkasten 3    südlich von Fangkasten 3 bis zum Waldrand und bis ca. 50 m nördlich
  • Fangkasten 4    bis ca. 50 m südlich von Fangkasten 4

Eingerechnet sind auch die Straßenfunde (tot und lebend) von Tieren, die über den Zaun kletterten oder nahe daran vorbeiliefen. Die Spalte „Kastenfunde“ weist nur die laut Kartierzettel eindeutig zuordenbaren Funde direkt in den Kästen aus:

 

Wander-bereich

TM

BM

KM

EK

WF

LF

KNK

Summe

Kasten-funde

Fangkasten 1

430

176

49

75

10

8

3

751

128

Fangkasten 2

546

435

61

109

32

6

1

1190

604

Fangkasten 3

352

444

37

127

14

0

1

975

543

Fangkasten 4

24

30

5

13

0

1

0

73

9

Insgesamt

1352

1085

152

324

56

15

5

2989

1284

 

 Ob Tiere um die Zaunenden herumliefen, um dann später über die Straße zu gelangen, ist unklar. Um das zu beobachten, hätten die Helfer dort längere Zeit verweilen müssen. Dies wollten wir unseren ehrenamtlichen Helfern wegen zu hohem Aufwand nicht zumuten. Ab ca. 27.03. setzte eine massive Verlagerung der Hauptanwanderung Richtung Süden ein. Wir konnten dann einwandfrei feststellen, dass der Zaun am Südende mindestens 25 m zu kurz war.

 

9.2. Teichmolch

Gezählt wurden 1352 Tiere (Grafik rechts). Wie unter Punkt 9.1. erläutert, wurden ca. 10 % der anwandernden Tiere am Zaun nicht erfasst. Das östlich der Straße gelegene Gebiet mit Wald- und Heckenlandschaft dürfte weiteren 30 % der Population als Überwinterungsort dienen. Damit dürften 60 % der Gesamtpopulation kartiert worden sein.

 

9.3. Bergmolch

Gezählt wurden 1085 Tiere (Grafik rechts). Aus den gleichen Gründen wie beim Teichmolch dürften etwa 60% der Gesamtpopulation kartiert worden sein.

 

9.4. Kammmolch

Gezählt wurden 152 Tiere (Grafik rechts). Es dürften etwa 50 % der Gesamtpopulation kartiert worden sein. Da bis zum Schluss noch eine relativ hohe Zahl an Tieren erfasst wurde, gehe ich davon aus, dass hier weniger Tiere der Population erfasst wurden. Ansonsten gilt das gleiche, was beim Teichmolch über den geschätzten Anteil der Gesamtpopulation erläutert wurde.

Da bis letztes Jahr immer nur Einzeltiere kartiert werden konnten und diese Art besonders strengen Schutzvorgaben unterliegt (FFH-Richtlinie Anhang II und IV), ist dieses Ergebnis besonders wert­voll.

 

9.5. Erdkröte

Gezählt wurden 324 Tiere (Grafik rechts). Aus den gleichen Gründen wie beim Teichmolch dürften etwa 60 % der Gesamtpopulation kartiert worden sein. Wenn berücksichtigt wird, dass 5-6 Weiher für den Amphibienschutz zur Verfügung stehen, einige juvenile Tiere dabei waren und Erdkröten zu den häufigsten Amphibien zählen, dann halte ich die Höhe der Population für niedrig.

 

9.6. Grünfrösche

Gezählt wurden 56 Tiere. Aus früheren Sichtungen von Rufgemeinschaften und sich sonnenden Tieren am Ufer der Weiher schätze ich die Gesamtpopulation auf über 300 Tiere. Dazu gehören auch Seefrösche, die im Gewässer überwintern. Die anderen „Wasserfrösche“ (Kleiner Wasserfrosch und Teichfrosch) überwintern nur teilweise im Gewässer, sonst gewässernah. Somit ist nicht verwunderlich, dass wir nur ca. 15 % der Gesamtpopulation kartiert haben.

 

9.7. Laubfrosch

Gezählt wurden 15 Tiere. Gemessen an der Gesamtpopulation 2016 von über 400 Laubfröschen (ca. 150 rufende Männchen) sind das wenige Tiere. Hier bestätigt sich wieder, dass der größte Teil der Laubfroschpopulationen gewässernah überwintert. Außerdem sind Laubfrösche Spätlaicher. So war auch dieses Mal die Anwanderung erst Mitte Mai beendet (starkes Laubfroschkonzert am 7.05.). Auch diese Art unterliegt der FFH-Richtlinie Anhang IV.

 

9.8. Knoblauchkröte

Letztes Jahr konnten nur Einzeltiere anhand leiser Unterwasserrufe kartiert werden. Somit war es erfreulich 5 Tiere anwandern zu sehen. Ein Teil der Tiere überwintert also auch westlich der Straße. Diese Art ist in Bayern stark gefährdet.

 

10. Ausblick

Im Jahr 2017 wird es noch keine dauerhafte beidseitige Leiteinrichtung mit Tunnel-durchgängen geben. Die nächtliche Straßensperrung im Zeitraum von ca. Ende Februar bis ca. Ende April muss weiter angeordnet werden. Gut wirksam ist sie aber nur, wenn alle vier Halbschranken immer während der Sperrzeiten eingeschwenkt werden. Was passiert, wenn die Halbschranken nicht geschlossen werden, zeigte sich z.B. am 22.02., wo trotz Anwesenheit von Helfern und Schutzzaun bei starker Wanderaktivität ca. 7 % der kartierten Tiere überfahren wurden.

 

11. Danksagung

Folgenden, alphabetisch aufgeführten Helferinnen und Helfer möchte ich hiermit herzlich für ihre Unterstützung danken. Bei Sturm und Regen, mitten in der Nacht oder am Morgen über acht Wo­chen mit Unterbrechungen die Fangkästen zu leeren oder sogar zusätzlich den Schutzzaun abzusu­chen war keine Kleinigkeit.

 

Andreas Birkner                        Helmut Dörfler                           Angelika Förtsch

Georg Gedeon                            Josef Grossner                           Ulrike Maisel

Wolfgang Maisel                        Vera Müller (FÖJ)                             Klaus-Dieter Neu

Wulf Nilson                                 Samuel Schirner (FÖJ)                Günter Stöckl

Petra Strattner

 

Mein Dank auch an die Erlanger Naturschutzbehörde: Ohne den Aufbau der Amphibien-schutzanlage durch die beiden Helfer in ihrem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) wäre die erkenntnisreiche Kartierung nicht möglich gewesen. Die Fangkasten-herstellung und Nach-besserungen der Anlage durch Herrn Volker Rückel waren entscheidend für die guten Fang-ergebnisse.

 

Verantwortlich und Betreuer

Dieter Nilson                                                                                                                       Erlangen    1.06.2016

Lageplan    Hellersweiher mit Amphibienschutzzaun

Foto 1     Fangkasten 1 am Südende des Schutzzaunes

Foto 2     Fangkasten 4

am Nordende des Schutzzaunes

Foto 3    Blick in das Innere von Fangkasten 1,

ohne Wasserschälchen

Foto 4     Fangkasten 2

kurz vor Fertigstellung des Zaunes; das Brett diente zum Versperren des Einganges bei Frostperioden

Foto 5     Die zwei Halbschranken, südlich der Amphibienschutzanlage

Belehrung über Ablauf und Verhaltensregeln

Kartierzettel

Amphibienerfassung 07.02. - 10./11.04.2017

Straße Steudach - Neuses

Amphibienerfassung - Teichmolch

Amphibienerfassung - Bergmolch

Amphibienerfassung - Kammmolch

Amphibienerfassung - Erdkröte